Die Begegnung

03. Dragnai 1025, Das Jahr Aquems

Wir liegen derzeit im Hafen Mundapors, eine große Handels- und Hafenstadt an der Südspitze Ponta Centos. Es ist schon einige Tage her, dass ich in mein Logbuch schrieb. Meine letzte Notiz widmete ich Padre Dragnar und seiner Mission an uns alle, die Welt zu umrunden. Jeder der sechs Kontinente muss besucht werden. Als Beweis  unseres Besuches erhalten die Erkunder einen Viastrar und einen Hinweis, wo das nächste Reiseziel sein wird.  Meinem Schreiben zu entnehmen, war ich zu der Zeit stark begeistert. Den Traum, der erste zu sein, der ganz Lygea umrundet, war zum greifen nahe. Noch dazu würde der Erste die Anerkennung Dragnars, Ruhm und Ehre, erhalten. Nicht kann nur ich meinen Traum verwirklichen, sondern auch dadurch meinen Namen vor meinem Volk rein waschen!

Doch diese Freude wurde stark gedämpft. Viele Schiffe fuhren in den Hafen ein und eines, unter Unachtsamkeit (oder Mutwilligkeit?), beschädigte die Predacèsso stark. Die Werft versprach mir es in einer Woche zu reparieren. Der eingeforderte Schadensersatz und ein Großteil meiner ersparten Einkünfte sorgte dafür, die Zeit auf 4 Tage zu reduzieren. Die forasischen Arbeiter sollte man nicht unterschätzen. Ihr Volk scheint simpel zu sein, aber sie lernen schnell und unter dem regulären Umgang mit meinem Volk der Dragnarier wurden diese Werftarbeiter sehr versiert im Verhandeln.

Als ich das dann erledigt hatte, suchte ich der Weile nach einer neuen Crew. Zu meinem verruchten Ruf unter den Dragnariern, sowie der Information, dass die Predacèsso in der Werft sei, lies jeden Angeworbenen ablehnen. Dies trieb ich dann die vergangenen drei Tage.

Doch Gestern, als ich in meiner Herberge, dem Wirtshaus „Zum Fischreiher“ , meinen Tag mit Wein beenden suchte, schickte der Wirt ein ungleiches Paar an meinem Tisch.

Die Forasierin stellte sich als Riju vor und der Evelit als Ridley. Meinem Verständnis nach folgte der Evelit der Forasierin gegen ihren Willen, doch für wie lang diese Beiden schon gemeinsam reisten ist mir noch nicht bekannt. Señior Ridley schrieb die ganze Zeit in seinem Notizbuch und stellte Fragen. Nicht ungewöhnlich für einen Eveliten. Doch die Forasierin schien wie auf der Flucht zu sein. Sie schien nervös und unentschieden. Noch dazu hatte sie etwas unreifes an sich. Sie begrüßte mich, in dem sie ein frechen Spruch zu meinem fehlenden Arm gab. Ich ließ mich davon nicht berühren.

Beide suchten eine Gelegenheit von Ponta Cento herunter zu kommen. Ich wollte die Gelegenheit nicht ab tun und lud sie dazu ein, mein Schiff zu besichtigen. Zu diesem Zeitpunkt sprach der Evelit ungeschickt Señiorita Riju an und sie versuchte ihn anzugehen. Es war ein amüsantes Spektakel, das den rowagischen Wirt veranlasste uns hinaus zu werfen. Die junge Forasierin wollte sich nicht beruhigen. Zu meinem Glück kannte ich mich, neben meinen eigenem Volk, mit der evelitischen und forasischen Kultur noch am besten aus und konnte zwischen den beiden etwas vermitteln.

Tipp: Bezeichne NIE ein Forasier als schwach, wenn dir dein Leben lieb ist.

Gemeinsam besuchten wir dann die Werft. Als Señiorita Riju bemerkte, dass diese von Forasiern betrieben wurde, versteckte sie sich. Durandar, der forasiche Kontinent ist eine Männer dominierte Kultur. Daher war ich nicht überrascht, dass sich eine einsam reisende Forasierin sich vor ihren Landesmänner versteckte. (Ich frage mich, ob sie eine Wøardam ist...)

Ich unterhielt mich mit den Arbeitern und als Entschuldigung, dass wir sie bei der Arbeit störten, versprach ich ihnen nach der Arbeit einen auszugeben. Das hob die Stimmung und wir konnten die Predacèsso begutachten. Jedoch wurden wir bei der Besichtigung von dem Werftmeister unterbrochen. Dieser, ungleich seiner Arbeiter, war ein Dragnarier, den ich zuvor noch nicht begegnete. Er war sehr erbost und schmiss mich und meine Begleiter aus der Werft. Doch bevor wir die Werft verließen, schnappte ich mir eine Flasche Rum aus meiner Kajüte. Damit wollte ich wenigsten mit meiner Crew auf das kommende Abenteuer anstoßen. Wir gingen in die Stadt, doch das Treiben war zu beschäftigt, als dass wir in einen der Läden schauen, geschweige denn betreten konnten. Etwas getrübt von den ganzen Ablehnungen der besuchten Orte, lud ich die beiden zu meinem Zimmer in dem Wirtshaus ein. Dort tranken wir... oder auch nur ich. Ich kann mich nicht erinnern, ob die beiden dem Rum zugeneigt waren oder nicht. Bei Gelegenheit sollte ich das heraus finden. Ich bin mir auch nicht sicher, was wir noch in meiner Bleibe taten, denn ich schlief schnell ein.

 

Dann, vermutlich nicht viel später in dieser Nacht, wurde ich etwas ungemütlich geweckt. Auf meinem Rücken kniend und meinem Arm fixierend hielt ein Teyaner (von allen Völkern ein Teyaner!) ein Messer mir an die Kehle und das Maul verschlossen. Von den anderen Beiden keine Spur. Waren sie geflohen? Oder vielleicht zuvor woanders hingegangen. Der Evelit war mit Sicherheit irgendwo etwas recherchieren. Immerhin konnten sie sich in der Nacht problemlos bewegen.

Jedoch hatte ich für solche Gedanken in diesem Moment keine Zeit. Der Teyaner stoppte mich, bevor ich überhaupt ein Gedanken fassen konnte und erklärte mir, dass er da war um mich zu töten. Ich versuchte mich mit meiner Wasserarm Anima zu befreien, doch mein Körper war noch nicht ganz erwacht und so misslang es mir. Er fragte mich, ob ich einen guten Grund hätte, warum er mich nicht töten müsste. Ah, da war der wahre Teyaner also. Es verwirrte mich, einen Mörder aus dem Pazifisten Volk zu begegnen. Doch er schien es gezwungener Maßen machen zu müssen, welche Gründe auch immer ihn bewegten. Sodass ich ihm antworten konnte, ließ er von meinem Maul ab. Ich versuchte ihn etwas aus dem Konzept zu bringen, doch der scharfe Druck an meiner Kehle verfestigte sich und er wiederholte die Frage erneut mit dem Zusatz, dass viele Bitts für meinen Kopf gezahlt würden. Lächerliche 300 Bitts wurden ihm geboten! Er wurde eindeutig ausgenutzt. Ich bot ihm erheblich mehr an, wenn er mich leben lassen würde, doch er erklärte mir, er täte es nicht für die Bitts, sondern um das richtige zu tun. Offenbar erzählte ihm jemand Märchen über mich. Ja mein Name sei in Unehre unter meines Gleichen, dennoch versuche ich ihn Tag für Tag rein zu waschen!

Nun gut, zu guter Letzt versuchte ich ihm das zu erklären und tatsächlich löste sich der Druck an meiner Kehle und mit dem zweiten Versuch gelang es mir meinen Wasserarm zu animieren und ihn von mir herunter zu stoßen. Das ergab einen Knall und alarmierte meine neuen Freunde, die wohl doch nicht all zu weit weg gewesen waren. Nach einem kleinen Austausch von Worten floh mein ungewollter Besucher. Señiorita Riju und Señior Ridley folgten ihm durch das Wirtshaus. Doch bevor der Teyaner das Haus verlassen konnte, stellte ihm sich die mundaporische Garde entgegen um ihn festzunehmen. Angeblich wurde er von seinem netten Auftragsgeber nicht nur hinters Licht geführt sondern auch verpfiffen. Mit Sicherheit um den winzigen Soll nicht zahlen zu müssen. Tatsächlich stellte sich heraus, dass besagter Auftragsgeber mein werter Kollege Asteirho war. Das hätte ich mir auch früher denken können. Der Rum machte sich wohl zu diesem Zeitpunkt noch in meinem Kopf breit. Asteirho hatte es schon länger auf mich abgesehen. Ich wäre nicht verwundert, wenn er auch irgendwie mit dem Schaden an der Predacèsso zu tun hatte.

Ich sprang den Balkon hinunter und erklärte der Garde, dass ich noch am Leben sei und der Teyaner und ich das „Missverständnis“ aufklärten. Dennoch mussten sie das Gesetz bekräftigen.

Damit stand der Teyaner, der sich als Yig-Xud vorstellte, nun in meinem Dienst. Die Garde verabschiedete sich damit. Die anderen Beiden waren im unklaren mit den dragnarischen Gesetzen und ich erklärte ihnen diese. Dennoch versprach ich Señior Yig-Xud seine Freiheit, sobald wir auf der See sein werden. Ich werde die nächsten Tage noch einmal das Gespräch mit ihm suchen um seine genauen Absichten heraus zu finden und unsere Erfahrungen mit Asteirho austauschen. Zusätzlich bin ich interessiert wo er herkam. Für gewöhnlich ist der teyanische Zweitname der Name des Familienstammes, doch mir ist kein Xud-Stamm bekannt. Nun kenne ich aber auch nur Quenterra und die nördliche Küste Finnindors.

Die restliche Nacht war kurz und heute gingen wir wieder zur Werft und die Predacèsso war sogar schon fertig. Früher als vereinbart! Der Werftmeister muss den Arbeitern Dampf gemacht haben, nach dem wir die Werft verließen. Als Dank machte ich mein Versprechen doch noch wahr und ließ Señior Yig-Xud und Señiorita Riju ein Fass Rum heraus rollen und schenkte es den Arbeitern. Wir ließen das Schiff zu Wasser und wir machten erneut eine Tour über und unter Deck. Der Evelit war sehr begeistert und interessiert an der Dampfmaschine des Schiffes. Selbstredend, da sie ja aus evelitischem Handwerk stammte. Ich zeigte ihnen wie man die Segel setzt und hisst, den Anker setzt, wo die Küche ist, sowie das Lager und die Crewkajüten. Das Steuer und die Navigation war mein Job, erklärte ich ihnen, dennoch zeigte ich ihnen, wie das Steuer zu bedienen war. Für den Fall, dass mir was zustoßen sollte, könnten sie wenigstens die Predacésso sicher zu Land bringen.

Vor wenigen Minuten besprachen wir noch unsere Route, die wir fahren wollen. Señior Yig-Xud sagte mir Asteirho steuerte den Osten an, wie es so viele tun werden. Dort lag Lugo del Visa. In Padre Dragnars Rede gab er uns den ersten Hinweis. 

"Der Aussichtspunkt liegt an der Narbe Öffnung. Hier findet ihr die erste Offenbarung."

Die "Narbe Öffnung" war der Meereszugang zum Litekken, wo natürlich Lugo del Visa lag. So ziemlich jeder Kapitän sollte diesen Hinweis erkannt haben. Selbst Asteirho. Die anderen Schiffe haben ein guten Vorsprung uns gegenüber. Dennoch glaube ich, dass wir das Rennen gewinnen werden! 

Lugo del Visa liegt im dragnarischen Gebiet Durandars und wir werden erheblich mehr Forasiern begegnen. Unter Umständen kreuzen wir sogar Señiorita Riju's Heimatland und vielleicht erfahre ich dann etwas mehr heraus über ihr mysteriöses Verhalten.

Jetzt im Moment sind die drei auf Deck und versuchen sich mit der Predacèsso vertraut zu machen. Morgen mit den ersten Strahlen Sils stechen wir in See, nach Lugo del Visa!

-Kapitän Quonda

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